Die Spree und ihr Wasser | ||
Illegaler Deichbau 1828 Bewohner und Bauern des Burger Gebietes haben mit ihrer Arbeit zur Urbarmachung im Spreewald eine unschätzbare kulturelle Leistung vollbracht. Durch den regelmäßigen Umgang mit dem Hochwasser erlangten sie reichhaltige Erfahrungen, wie das Errungene geschützt werden kann. Manchmal jedoch schoss der eine oder andere über das Ziel hinaus. So erreichte die Gemeinden am 22. April 1828 ein Schreiben des Landrates, in welchem er die Burger rügte, gegen Regierungsbefehle zu handeln. Ursache waren eigenmächtige Hochwasserschutzbauten der Kossäten Schlodder und Brahmer, der Kauper Kokrick und Urban und des Büdners Melak. Sie hatten Verdämmungen auf ihren Äckern und Wiesen errichtet, „welche beim Anschwellen der Gewäßer solche zum größten Nachteil der hinterliegenden Nahrungen [Wirtschaften – d. A.], ganz gegen die Vorfluths-Gesetze aufstauten …“ Jene Dämme mussten wieder beseitigt werden. Der Landrat erteilte die Weisung, „darüber zu wachen, daß nicht ähnliche Verdämmungen, durch welche sich einzelne vor den Ueberschwemmungen schützen oder Land gewinnen wollen, entstehen, auch das die jetzt geöffneten nicht etwa wieder verschüttet werden.“ Es wurde jeder Einzelne verpflichtet, den Ortsgerichten (Gemeindevorständen) sofort Anzeige davon zu machen, wenn er eine neue Verdämmung bemerke. Der Weisung folgte die Liste der Strafen. Dem Landrat sei auf Kosten des Schuldigen durch einen „expressen“ Boten zu berichten und die Verdämmung zu beseitigen. Jeder, der es wage, einen geöffneten Damm eigenmächtig wieder anzuschütten oder einen neuen Damm ohne Genehmigung der Ortsgerichte und des Wasserdeputierten anzulegen, werde mit zehn Talern Strafgeld belegt, von denen der Denunziant die Hälfte bekäme. Die Ortsgerichte erhielten die Anweisung zur getreuen und gewissenhaften Befolgung dieser Anordnung. Damit alle Burger von der Anweisung Kenntnis erhielten, sollte am darauffolgenden Sonntag eine allgemeine Gromada (Dorfversammlung) angesetzt werden. Trotz der höheren Anweisungen bekam man das Problem damals nicht in den Griff. Noch 1843 ergingen Weisungen an die drei Burger Gemeinden in derselben Art und Sache. Rolf Radochla Nach einem Beitrag von August Rulla im "Heimatwanderer" 1927 |
Kalenderblatt
im Stog - Der Schober 2007 |
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Vertrag zwischen Fehrow und Striesow
1845 Berichte über die Spree und ihren Verlauf füllen so manche Aktenbände. Es war im Juli 1845, als die Deputierten der Gemeinden Fehrow und Striesow in ihren Verhandlungen über die Geradelegung der Spree zwischen ihren Gemarkungen sich auf die folgenden Punkte einigten: 1, Die Spree, so weit sie von der so genannten hohen Dammbrücke ab bis zur Feldmark Briesen die Grenze zwischen Striesow und Fehrow bildet, wird geradegelegt, und hierzu ein Terrain von insgesamt acht Ruthen Breite hergegeben. 2. Das neue Flussbett erhält eine Breite von vier Ruthen und auf jeder Seite ein Uferterrain von zwei Ruthen. 3. Das zur Geradelegung und Verbreiterung erforderliche Terrain an nutzbaren Grundstücken bringen die Gemeinden Striesow und Fehrow gleichmäßig auf; das alte, eingehende Flussbett fällt ohne Wertanrechnung derjenigen Gemeinde zu, in deren Abfindung es zu liegen kommt. 4. Die neue Spree soll hiernächst die Grenze zwischen Fehrow und Striesow bilden; diejenigen Grundstücke, welche hiernach Fehrow an Striesow abtritt, erhält Fehrow aus der Striesower Hütung auf der östlichen Seite. 5. Die zum Zwecke der Separation von Fehrow und Striesow angewandte Bonitierung wird dieser Ausgleichung zugrunde gelegt. 6. Die erste Einrichtung des neuen Flussbettes und dessen künftige Naturhaltung übernehmen die beiden Gemeinden zu gleichen Teilen; die einzelnen Glieder derselben tragen dazu nach den für die Kommunallasten bestehenden Grundsätzen bei. 7. Die Einrichtung des Flussbettes erfolgt in der ad 2 bestimmten Breite, und die auszuweisenden Uferterrains sollen zur Planierung des Auswurfes dienen … Edeltraud Radochla Quelle: BLHA, Rep 6B Kreis Cottbus, Nr. 1691 |
Kalenderblatt im Stog - Der Schober 2007 160 Jahre später wird Vattenfall mit der Spreeauen-Renaturierung als Ersatz für die Lakomaer Teiche den Rückbau der Spree und die Wiederherstellung eines naturnahen Flusslaufes finanzieren. Luftaufnahme Oktober 2010 Die neuen Spreepolder zwischen Briesen und Fehrow waren beim Hochwasser 2010/2011 gut gefüllt. Fotos: Radochla |
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Not ohne Ende 1898 Die „Cottbuser Zeitung“ vom 26.April 1898 schrieb: „Nachdem im vergangenen Jahr das Hochwasser die Heu- und Grummeternte vernichtet hat und noch im Spätherbst 2000 Morgen bester Wiesen unter Wasser standen, hat das Jahr 1898 bis jetzt schon 6 Hochwasser gebracht, der Landstrich zwischen Guhrow und Burg wurde in einen großen See verwandelt … Erfahrungsgemäß kommt ein derartiges Hochwasser aus dem großen Sammelbecken Guhrow-Werben-Burg-Schmogrow nicht vor Wochen zum Ablauf. Die Spree geht bei Cottbus in einer Breite von ungefähr 48 Metern über das Wehr, bei Burg an der Mühle durch die drei Freischleusen von vielleicht 4,80 m. Dieses Verhältnis erklärt schon alles. Früher ging die Spree in starken Biegungen, jetzt fast in gerader Linie. Früher konnte sie an allen Stellen zwischen Cottbus und Burg austreten, jetzt ist sie bei Fehrow und Briesen haushoch angedämmt. Es ist klar, daß die Wassermassen in wenigen Stunden bei starkem Gefälle vor der Burger Mühle anprallen müssen.“ Die „Deutsche Tageszeitung“ zitierte im März 1900 einen offenen Brief der Werbener und Burger Bauern: „Not ohne Ende im Spreewald! … Bei uns auf der lichten Streuwiese in Briesen, Guhrow, Werben und Burg wird die Not bald ein Ende haben; für viele Menschen genügt noch ein Überschwemmungsjahr und der königstreue Bauer hie gut Brandenburg allwege geht von seiner heimatlichen Scholle … Es werden Milliarden für Kanalbauten im eigenen Land ausgeworfen, aber für uns arme Bauern, kaum 20 Meilen [eine Meile = 7,532 km] von der Residenz des Königs entfernt, wird nichts getan. Wir wissen uns keinen Rat mehr und letzte Hoffnung ist, unserem König persönlich unsere Klage vorzutragen und ihn um seine landesväterliche Fürsorge zu bitten …“ Auch 1901 schickten die Burger Bauern aus gleichem Anlass eine Petition an den Preußenkönig Wilhelm II. Edeltraud Radochla Quelle: Gemeindearchiv Burg |
Kalenderblatt im Stog - Der Schober 2007 Hochwasser in Burg-Kauper Foto: Gemeindearchiv Burg |
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Den Wasserbauern sei es gesagt Im Brandenburgischen Landeshauptarchiv befinden sich die Fragmente eines Leserbriefes aus der Deutschen Tageszeitung vom 16. Juni 1899. Der anonyme Schreiber „aus dem künstlich geschaffenen und nunmehr auch noch befestigten Hochwasserbassin bei Burg“ fordert die Rücknahme wasserbaulicher Maßnahmen an der Spree, so die Umwandlung von Winterdeichen in Sommerverwallungen, die Erweiterung der Mühlen-Arche bei Burg, die Erweiterung und Erhöhung der Chausseebrücke bei Burg oder den Bau weiterer Flutöffnungen. „Hat die General-Kommission“, so schreibt er, „durch die fehlerhafte Geradelegung der Spree mit den Grund zu unserem Ruine gelegt, so ist dieselbe in erster Linie verpflichtet, zur Abänderung des Status wie zur Umwandlung der Winterdeiche in Sommerverwallungen auf eigene Kosten zu schreiten.“ Werde der Rückbau vollzogen, „hat all unsere Not ein Ende; treten Hochwasser ein, so verteilen sich dieselben wie früher auf beide Seiten der Spree und finden vor allem rechtzeitig Abfluß bei Burg“. Doch statt dessen sei wohl ein noch schlimmerer Plan in Vorbereitung. Dieses Projekt beabsichtige, „die Strie-sower und Briesener Feldwasser in das ausschließlich für Werben angelegte Leineweberfließ zu leiten. Also hinein mit all den Wassermassen in den großen Sündenpfuhl bei Werben-Burg! Doch daraus wird nichts! Erstens ist dieser Sündenpfuhl bei Werben-Burg seit Jahren bereits genügend gefüllt; und zweitens, den Wasserbauern und deren Hintermännern sei es zu ihrer Belehrung gesagt, gehören die Striesow-Briesener Feldwasser zunächst in die Tzeicka und von hier weiter in die Spree. Das steht aktenmäßig fest, und daran lassen wir nicht rütteln …“ Edeltraud Radochla Quelle: BLHA, Rep 6B Kreis Cottbus, Nr. 1902 |
Kalenderblatt im Stog - Der Schober 2007 |
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Schmogrow 1926 Die Hochwasser 1926/27 gehörten zu den schlimmsten Naturkatastrophen, die die Spreewaldbewohner im 20. Jahrhundert heimgesucht haben. Ohne staatliche Hilfe und Spenden war ein normales Leben nicht wieder denkbar. Schon am 18. Juni 1926 hatte der damalige Gemeindevorsteher Marrack aus Schmogrow an den Regierungspräsidenten in Frankfurt geschrieben: „Die Ländereien in der Gemeinde Schmogrow sind überschwemmt, die gesamte Ernte der Gemeinde Schmogrow ist gänzlich vernichtet. Die im Überschwemmungsgebiet wohnenden Besitzer leben in Lebensgefahr. Die Überschwemmung ist viel, viel größer als im Jahre 1897. Keine Ortschaft im Kreis Cottbus, auch nicht in der Provinz Brandenburg, leidet in diesem Umfange, als gerade das unglückliche Dorf Schmogrow …“ Am 12. August des selben Jahres informierte der Gemeindevorsteher Marrack auf Anfrage auch noch einmal den Landkreis Cottbus über die Lage: „Fast sämtliche im Überschwemmungsgebiet hier liegenden Wege sind unpassierbar, es sind bis 20 Meter lange und bis 1½ Meter tiefe Löcher von dem Hochwasser auf den Wegen ausgespült worden. Ferner ist der Belag von neun Brücken größtenteils weggeschwommen, auch teilweise die Unterzüge. Für die Instandsetzung sind 30 Festmeter Bauholz 3. Klasse bei der staatlichen Regierung angefordert worden. Die Kosten kann die Gemeinde aus eigenen Einnahmen nicht bestreiten, weil sämtliche Steuerzahler in dem hiesigen Gemeindebezirk von dieser Überschwemmung so sehr betroffen sind, daß selbige vor einem Nichts stehen und daher auch keine Steuern bezahlen können … An Schulden hat die Gemeinde Schmogrow insgesamt 23400 Mark, davon 3400 Mark bei der Kreissparkasse und 20000 Mark bei der Kreis-Girokasse …“ Edeltraud Radochla Quelle: BLHA, Rep 6B Kreis Cottbus, Nr. 1904 |
Kalenderblatt im Stog - Der Schober 2007 Hochwasser in Schmogrow Foto: Gemeindearchiv Burg |
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Deichbruch bei Döbbrick 1941 Obwohl die Fluten der Spree oberhalb von Burg schon über den niedrigen nördlichen Deich (Überlaufdeich) gingen und die Gemarkungen von Fehrow und Schmogrow mithin unter Wasser setzten, war der Druck der Wassermassen im Flussbett noch so groß, dass der südliche Deich bei Döbbrick am 5. März brach. Die Straße Fehrow-Striesow wirkte wie ein Staudamm, die wenigen Durchlässe genügten ja bei weitem nicht, um das Wasser schnell weiterzuleiten. So kam Striesow in höchste Gefahr, und das Dorf musste geräumt werden. Um das Schlimmste zu verhüten, entschloss man sich, die Straße Fehrow-Striesow zu durchstechen. Nun war Burg bedroht, besonders der südlich der Spree gelegene Teil, der sonst kaum einmal vom Hochwasser betroffen wurde … Schon am Vormittag des 5. März ordnete der Landrat höchste Alarmbereitschaft für Burg an … Da, um 4 Uhr früh schreckte alles auf! Schauerlich heulten die Hörner der Feuerwehr durch die Nacht und vom Turm ertönte die Sturmglocke! „Das Wasser! Das Wasser!“ so hörte man es auf den Straßen schreien. Und tatsächlich waren die niedrigen Teile des Dorfes überflutet. Die Penke glich einem See, aus dem Bäume und Gebäude herausragten. Die Gehöfte am nördlichen Uferweg der Spree kamen durch eine förmliche Sturzflut aus der Spree in große Gefahr. Feuerwehrleute halfen den bestürzten Bewohnern beim Bergen des Viehs und der Möbel, denn das Wasser stand schon kniehoch in den Ställen und Stuben. Am Morgen des 6. März erreichte das Wasser den höchsten Stand … Von der Spree her war das Wasser bis zur Ecke der Bahnhofstraße vorgedrungen … Auf der Hauptstraße fuhr man vom Gasthaus Zur Linde bis zur Mühle mit dem Kahn … Im Hause des Arztes R. Graske schwammen die Möbel in der Kellerwohnung umher … Über den Viehmarkt brausten die Fluten hinweg, rissen den Bürgersteig an der Bahnhofstraße fort und wühlten tiefe Löcher in der Straße aus … Edeltraud Radochla Quelle: Schulchronik von Burg |
Kalenderblatt im Stog - Der Schober 2007 Burg, Bahnhofstraße, März 1941 Heute ist an der Ecke ein Bäcker und rechts geht es zum Festplatz. Foto: Gemeindearchiv Burg |
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Neißewasser im Spreewald 1958 An das Hochwasser im Sommer 1958 erinnert Dr. Ulrich Noack. In der Folge eines Dammbruches der Lausitzer Neiße bei Briesnig im Kreis Forst am 6. Juli 1958 ergossen sich große Wassermassen über das Peitzer Lasszinswiesengebiet bis in den Spreewald hinein. Die oberen Fotos sind beide in der Nähe von Schmogrow entstanden. Das untere Foto wurde zur selben Zeit auf der Guhrower Seite der Spree am ehemaligen Ortsverbindungsweg Guhrow-Schmogrow aufgenommen. Ulrich Noack war zu dieser Zeit Oberagronom in der Maschinen- und Traktoren-Station (MTS) Krieschow, zu deren Arbeitsgebiet auch Burg, Schmogrow und Werben gehörten. Das genaue Datum dieses Dammbruches wurde ihm nachträglich noch einmal vom Landesumweltamt bestätigt. Im Jahr darauf ereilte die Spreewaldbewohner „nur“ ein normales Hochwasser. Fotos: Archiv Dr. Noack |
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Kalenderblatt im Stog - Der Schober 2007 |
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2010/2011 Fotos: Radochla |